Содержание материала

Hinter der östlichen Seite des sog. Unterdorfes in der Talfläche, wo der Fluß sich dicht an der Mennonitenkolonie Halbstadt und an der Tuchfabrik des Mennoniten Klassen vorbeiwindet, ist im Jahre 1830 auf besonderen Antrag des seligen Herrn Kontenius in Gemeinschaft mit dem damaligen Dorfschulzen Leopold Supper ein Ort zur Anlage einer Obst- und Maulbeerenplantage gewählt und trotz Widerstrebens der Gemeindeglieder zum größten Vorteil der gegenwärtigen Besitzer durchgeführt. Dieser Ort, der ehemals nur zum Weiden der Schweine benutzt wurde und infolge dessen außer seinem öden Anblick nur unbrauchbares Gestrüpp hervorbrachte, wo sich in nächtlicher Stille nur die Werke der Finsternis hineinwagten, gleicht gegenwärtig einem Paradiese. Man muß im Frühling das hohe Ufer besteigen auf welchem die Kirche erbaut ist, um sich in einer Gegend, wo die Naturschönheit weniger andauernd ist, als anderswo, an dem Anblick auf ein ganzes Jahr zu laben. Der Blick schweift weit im Tale hin dem Flüßchen entlang, wo sich Garten an Garten reiht, und verliert sich zuletzt im fernen lazurblauen Nebel, aus welchem die Tannen der allgemeinen Plantage unweit Alt-Nassau auftauchen. Glücklich fühlt sich der Mensch, der, auf flacher öder Steppe aufgewachsen, aber für den Reiz der schönen Natur empfänglich ist, an einem stillen Maimorgen das Gotteshaus besucht, um sich an dem schönen Anblick zu weiden. Tieferschüttert muß er dem Ausruf des Charkower Apothekers Karl Schmiedt zustimmen; «Die Wildnis ist dem Fleiße gewichen, schaut ahnend in die Zukunft! Ich sehe im Geiste aus diesem Tal eine Kultur aufwachsen, die alle bis jetzt von den Ansiedlern gehegten Erwartungen in Nützlichkeit für ihr neues Vaterland zu übertreffen im Stande sein wird!»

Der jetzige Oberschulz Glöckler hat im Jahr 1847 von einem einzigen Baum für 43 Rbl. Birnen verkauft. Auch der Seitenbaum verspricht gute Einnahmen. Obgleich auf dem Dubinskischen Gehöft im Jahr 1804 mehrere Bäume in gutem Wachstum standen und die Natur am Ufer des Tschingul nur auf einigen Stellen der molotschnaer Talfläche Schwarzdorn und anderes Gesträuch hervorbrachte, so verstrichen doch zwei Jahrzehnte, bevor die hiesigen Bewohner sich zur Baumanpflanzung ermuntern ließen. Die Ursache davon waren Armut und Mangel in Sachkenntnis.

Das Land zum Getreidebau, Wiese und Weide befindet sich größtenteils über dem Talufer auf einer Ebene und hat den Charakter der Steppe. Jeder Wirt hat 25 Dessjatinen Land unter dem Pfluge und steht in der Bearbeitung derselben hinter den besten Ackerbauern der ganzen Gegend nicht zurück.

Das bis etwa 300 Fuß hohe Talufer besteht meistenteils aus Sand und Mergelton, an welchem sich hundert Fuß hohe deutliche Spuren eines das ganze Tal bedeckenden Wasserstandes zeigen. Das war wahrscheinlich noch zur Zeit des Herodot, der diese Gegend die möotischen Sümpfe nennt, der Fall. Die Brunnen sind 15 bis 25 Fuß tief und enthalten das vorzüglichste Wasser des ganzen Bezirks. Der Boden der Kolonie Molotschna scheint ein Flußlager zu sein. Die oberste mit Flußsand vermengte Humusschicht ist 1Ѕ Arschin tief, die Unterlage ist Mergelton mit angeflößten Erdarten zum Teil animalischen Ursprungs vermischt, weiter unten stößt man auf Sandsteingerölle. In letzterer Erdschicht fand man an verschiedenen Stellen versteinerte Knochen und bedeutende Stücke versteinerten Eichenholzes, die aus Unachtsamkeit in jener Zeit nicht gewürdigt und gesammelt wurden.

Die Rindviehpest befiel die Kolonie Molotschna im Lauf der Zeit sieben Mal, zuletzt im Jahre 1839. Jedesmal raffte sie durchschnittlich ѕ des gesamten Viehbestandes dahin, welcher Verlust bei den damaligen wohlfeilen Preisen für landwirtschaftliche Erzeugnisse ungleich langsamer und schwerer zu ersetzen war, als in der Gegenwart.

Außer mäßigem Scharlach und Masernepidemien sind keine verheerenden Krankheiten vorgekommen, außer daß die Bewohner der am nördlichen Ende des Tschingul gelegenen Straße früher je und je von einem hartnäckigen kalten Fieber befallen wurden, während die übrigen Bewohner Prischibs damit verschont blieben. Gegenwärtig ist die Krankheit verschwunden, was Schreiber dieses auf den Einfluß der hier gepflanzten Obstgärten zurückzuführen geneigt ist.