In Prischib sind bereits 10 Häuser von gebrannten Ziegeln, einige mit Dachpfannenbedeckung, aufgeführt und 12 im Bau begriffen. An öffentlichen Gebäuden besitzt die Gemeinde:
- ein evangelisches Schulhaus im Mittelpunkt des Orts von Luftziegeln im gewöhnlichen Stil hoch gebaut und geräumig mit einer Abteilung als Lehrerwohnung.
- ein katholisches Schulhaus, ebenso gebaut und mit 2 Glocken versehen, welche die Gemeinde morgens, mittags und abends zum Gebete mahnt, die Jugend zur Schule und die Bewohner sonntäglich zum Besuch der Gottesdienste mahnt. Auch zeigen die Glocken durch eigentümliches, jedem verständliches Geläute an, wenn ein Mitglied mit Tode abgegangen ist.
- zwei hölzerne Getreidemagazine zur Aufbewahrung von Vorräten für teure Zeiten.
- das Inspektionsgebäude im Mittelpunkt an der Straße mit 8 Faden Front von gebrannten Ziegeln auf Feldsteinfundament, geräumig, gut dauerhaft, mit Bedachung von Eisenblech, im Jahre 1840 in Gemeinschaft mit den Mennoniten und berdjansker Kolonisten auf Rechnung der Gemeindesummen neu erbaut mit zwei Wirtschaftsgebäuden versehen. Dabei ist eine halbe Dessj. Gartenland mit verschiedenen Obstbäumen bepflanzt, welche sich der besonderen Pflege und Sorgfalt des Herrn Inspektors Pelschmeier erfreuen.
- das Amtshaus dem Inspektionsplatze sich anschließend mit 8 Faden Front an der Straße, worin das Gebietsamt seine Schriftführung plaziert und Amtsverhandlungen pflegt, im Jahre 1836 auf alter Stelle von Luftziegeln im gewöhnlichen Stil, gegenwärtig mit Dachpfannen gedeckt vom damaligen Oberschulzen Werner auf Rechnung der Gemeindesumme erbaut.
- die Schreiberwohnung an derselben Straße der nördlichen Reihe mit 10 Faden Front im gewöhnlichen Stil von Luftziegeln mit Strohbedachung in zwei geräumigen Abteilungen an der alten Stelle vom Oberschulzen Glöckler mit außerordentlichen ökonomischen Hilfsmitteln im Jahre 1839 erbaut, wird von den Schriftführern des Gebietsamtes bewohnt.
- die Hauptschule im Jahre 1844 erbaut an der nördlichen Straßenreihe in schräger Richtung dem Amtshause gegenüber mit Dachpfannenbedeckung hoch und geräumig für 60 Zöglinge berechnet. Dieses Gebäude ist vom hiesigen Kolonisten und Gutsbesitzer Friedrich Fein, Eigentümer mehrerer Schäfereien hochedler spanischer Rasse und außerordentliches Mitglied des Landwirtschaftlichen Vereins des Molotschnaer Kolonistenbezirks, als Geschenk für die fähigere Jugend gestiftet worden. Da die von vielen sehnlichst erwartete Eröffnung der Schule noch nicht erfolgt ist, so wird das Gebäude gegenwärtig vom Arzt bewohnt.
- die Apotheke wurde im Jahre 1840 vom Provisor Podstowsky mit Erlaubnis der Behörde gegründet, wodurch er einem schon viele Jahre gehegten Wunsch der hiesigen Ansiedler entgegenkam, welche ihm auch die Bewilligung zum Ankauf eines Hausplatzes gaben. Allem Anschein nach hat sich derselbe gut gefunden, trat aber aus Spekulation im Jahre 1846 die Apotheke an Herrn Müller ab, welcher sie in Ordnung gesetzt hat und zur allgemeinen Zufriedenheit führt.
- vier Krambuden von hiesigen Landwirten errichtet, die unter dem Schutze dritter Gilde Schnittwaren und andere dem Landmann nötige Kleinigkeiten feil halten. An einer zweckmäßigen Kolonialwarenhandlung fehlt es leider noch, obwohl die Mittel, eine solche zu errichten, vorhanden wären.
- öffentliche, dem Bezirk angehörende Brücken führen: a) über den Tschingul zum Verkehr mit Tokmak und den Kolonien, welche oberhalb des Tschingul und Gurkulak belegen sind, b) über die Molotschna zwecks Kommunikation mit den am linken Ufer des Flusses befindlichen Mennonitenkolonien, welche auch am Bau und Unterhalt derselben beteiligt sind.
- ein evangelisches Pastorat und eine von der Krone erbaute Kirche.
- eine Windmühle, eine Ölmühle und eine Ziegelhütte können der vorhandenen Nachfrage lange nicht Genüge leisten. Drei Schmiede, 2 Wagner, 6 Tischler, 10 Schuster, 4 Schneider, 1 Schlosser, 2 Drechsler und 1 Töpfer sind hinlänglich beschäftigt und haben ein gutes Auskommen.
Gegenwärtig besteht die Kolonie Molotschna aus 45 Wirtschaften, worunter nur noch 8 von Katholiken besetzt sind, die übrigen 22 haben sich im Lauf der Zeit in Kolonien ihrer Konfession eingetauscht oder ihr Land verkauft, und aus 37 Freihäusern ohne Land, von Handwerkern, Tagelöhnern und Handeltreibenden bewohnt. Die Kolonie zählt 115 Familien mit 959 Seelen, 519 mehr als bei der Einwanderung 1809. Das der Kolonie Molotschna bei der Übersiedlung Neudorfs im Jahre 1833 zugeteilte Land, in 360 Dessjatinen bestehend, zum Vorteil der Gewerbetreibenden wird bis jetzt noch von den Wirten dieser Kolonie gegen eine mäßige Pacht benutzt.
Schulz Hein.
Beisitzer Zöngler.
Erstveröffentlichung in «Jahrbuch des Landwirt für das Jahr 1913», Eugenfeld, 1912
Orthographie und interpunktion des Originals wurden beibehalten.