Über uns
Mitglieder unseres Vereins sind Nachkommen der deutschen Kolonisten des Gouvernements Taurien im südlichen Russland, auch als Russlanddeutsche bzw. Schwarzmeerdeutsche bekannt. Unsere Vorfahren sind Anfang des 19 Jh. auf verschiedenen Wegen in dieses Gebiet eingewandert und haben sich da niedergelassen.
Gründung des Vereins
Ursprünglich entstand unser Verein aus einer Gruppe von Gesinnungsgenossen, die sich im März 2013 zusammengefunden haben um sich einer gemeinsamen Idee zu widmen. Es ging damals um die Kirchenbücher-Duplikate von 1833-1885 der evangelisch-lutherischen Gemeinden des Gouvernements Taurien, die in altdeutscher Schrift Kurrent geschrieben worden und für die meisten Leser von heute schwer oder gar nicht lesbar sind. Wir hatten uns damals zum Ziel gesetzt diese alten Schriften in die heute übliche lateinische Schrift zu übertragen und zu veröffentlichen. Dabei mussten dutzende Mitglieder dieser Gruppe selbst viel lernen, aber sie haben auch viel Neues entdeckt und erforscht. Inzwischen hat sich diese Gruppe seit dem 3. Mai 2014 als Verein "Taurien e.V." organisiert, der sich als Gemeinschaft der Nachkommen der Kolonisten aus der Region Molotschna - Grunau (Südrussland) versteht. Auch Rolly war bei der Gründung des Vereins dabei.
Erster Vorstand (Mai 2014 - Mai 2016)
1. Vorsitzende: Dipl.-Ing. (FH) Irina Romanjuk
2. Vorsitzende: Dipl.-Chemikerin (FH) Elena Logvenov
1. Schatzmeister: Dipl.-Ing. (FH)/Rentner Bruno Heinrich Konrad
2. Schatzmeisterin: Lehrerin für Chemie und Biologie Klara Stein
1. Schriftführerin: Grundschullehrerin/Rentnerin Lidia Volodko
2. Schriftführerin: Dipl.-Ökonomin (FH) Anna Metz
Unsere Ziele
Der Verein setzt sich zum Ziel, die Geschichte dieser Kolonien auf der Grundlage der Kirchenbücher und anderer Materialien (historische bzw. familiennahe Quellen) zu erforschen und den an Ahnenforschung Interessierten zugänglich zu machen. Unsere weiteren Aufgaben und Ziele sehen wir in der Veröffentlichung der von den Nachfahren der Kolonisten verfassten Bücher und unserer eigenen Beiträgen zu diesem Thema, sowie in der Aufstellung der Genealogien einzelner Familien und deren mögliche Zusammenführung in einen Stammbaum und die Erstellung eines Ortssippenbuches.
Die im kirchlichen Archiv dauerhaft aufbewahrten Original-Kirchenbücher sind leider verloren gegangen. Ihre Abschriften, die oben genannten Kirchenbücher-Duplikate, schickte man jedes Jahr nach St. Petersburg an das ev.-luth. Konsistorium (Kirchenverwaltung). Sie werden heute im Staatsarchiv St. Petersburg aufbewahrt und sind für die Öffentlichkeit zugänglich.
Die Kirchenbücher-Duplikate sind im Allgemeinen für die Jahre 1833-1885 vorhanden, es fehlen allerdings die Jahrgänge 1842, 1849 und 1870. Ob diese noch irgendwo im Verborgenen lagern, ist nicht bekannt. Womöglich sind sie für immer verloren.
Forschungsinteressen
Viele Mitglieder unseres Vereins hatten ursprünglich Interesse ausschließlich an der Erstellung ihres eigenen Familienbaums und Aufklärung ihrer eigenen Familiengeschichte. Dabei recherchierten sie in dieser Richtung anhand verschiedener Quellen nach Spuren ihrer Vorfahren, aber erst mit der Zusammenarbeit an Kirchenbüchern ist es klar geworden, wie eng all diese einzelnen Familiengeschichten miteinander verbunden sind.
Jeder von uns ist nicht nur mehr oder weniger mit den Anderen verwandt, sondern wir alle haben auch eine gemeinsame Geschichte, ein gemeinsames Schicksal.
Die Forschungsinteressen könnte man in folgende Reihe einteilen:
- Herkunftsländer, Gründe, Bedingungen, Wege und Jahre der Auswanderung
- Ankunfts- und Ansiedlungsorte unserer Vorfahren in Südrussland, Gründungsjahre der Kolonien
- Geschichte der deutschen Kolonien, Sitten und Bräuche deren Einwohner, verschiedene Ereignisse aus ihrem Alltag
- Geschichte der deutschen Kolonisten nach 1917:
- Bürgerkrieg in den von Kolonisten bewohnten Gebieten
- Kollektivierung und Repressalien der 1920-40-er Jahren
- Krieg und die Deportation, die «Trudarmee»
- Leben in den deutschen Besatzungsgebieten, der «große Treck» nach Warthegau
- Verbannung und Zwangsansiedlung unter der Aufsicht des NKWD
- Aufhebung der Zwangsansiedlung
- Ausreise nach Deutschland
Josefstal
Als neue Ankömmlinge hatten sie natürlich die Eigenschaft und Lage jenes Landes nicht zu beurteilen verstanden. Darauf wurden sie hierher geschickt, wo es ihnen besser gefiel und wo auf Befehl des Staatsrats Kochowsky auch die Kolonie angelegt wurde. Zum Bau von Häusern wurde nicht sogleich geschritten. Da früher hier eine Ansiedlung von Griechen und Armeniern existiert hatte, wegen häufiger Überschwemmungen aber verlassen worden war, so wurden die zurückgelassenen, bei der spärlichen Bevölkerung nicht zum Verkauf gelangten Häuser als Wohnungen benutzt. Erst im Jahre 1796 wurde durch die Gouvernementsregierung den Kolonisten der Befehl erteilt, Häuser zu bauen, da das Holz dazu schon 1792 gekauft worden war.
Die Kolonie liegt an der rechten Seite des Samarflusses, welcher sich hier mit dem kleinen Fluß Kiltschin vereinigt, die Wiesen der Kolonie durchzieht und unweit des der Kolonie Josefstal und Rybalsk gehörigen Igrener Holzhafens in den Dnjepr mündet. Das Land dieser Kolonie liegt in einer von einer Seite durch Sandhügel umzogenen Niederung und ist 15 Werst von Jekaterinoslaw und 12 Werst von der Kreisstadt Nowomoskowsk entfernt.
Das teils aus salzhaltigem Ton und Sand, teils aus Humuserde mit einer Unterlage von Ton und Salpeter bestehende Land ist nicht besonders zum Ackerbau geeignet.
Das beste Mittel, diese verschiedenen Erdarten für das Gedeihen der Frucht ergiebig zu machen, ist der Dung, welcher seit mehreren Jahren mit gutem Erfolg angewendet wird. Um das bei den Sandhügeln gelegene Land vor Flugsand zu schützen, hat die Obrigkeit die Anpflanzung von Sträuchern vorgeschrieben. Der größere Teil der Wiesen steht gewöhnlich bis Anfang Juni unter Wasser und liefert dann nur Schilf, Binsen und Farnkräuter. Das Wachsen des Getreides und der Gartenprodukte geht im Frühling bei warmer, nasser Witterung rasch voran.
Wenn aber die Hitze kommt, so trocknet der Boden vollständig aus, und das Wachstum steht still. In nassen Jahren gibt es auf den gedüngten Feldern gute Ernten an Getreide und Gemüse. Außer Strauch und Weiden besitzt die Kolonie etwa 30 Dessjatinen Naturwaldung.
Molotschna
Ehemals Prischib genannt, 45 Werst von der Kreisstadt Melitopol, 320 Werst von der Gouvernementsstadt Simferopol und 150 Werst von Jekaterinoslaw entfernt, am Flüßchen Molotschna gelegen, wurde dieser Ort im Jahr 1804 vom Gutsbesitzer Dubinsky mit ungefähr 6500 Dessjatinen Landes gegen Entschädigung eines gleich großen, unweit der Taschtschenak befindlichen Areals zur Ansiedlung abgetreten.
Die in 8 Kolonien verteilten Ansiedler vom Jahr 1805 wählten unter der Leitung des Oberschulzen Ludwig Kircher mit Bewilligung der Behörde das im Mittelpunkt der Ansiedelungen gelegene Prischib zum Hauptort ihres kleinen Bezirks, und der damalige Inspektor, Baron Uexküll, fand für sich und seine Kanzlei in dem ehemaligen Wohngebäude des Dubinsky ein für jene Zeit allen Anforderungen entsprechendes Unterkommen. Bei diesem Gebäude wurde ein Haus für die Gebietsverwaltung errichtet und nur 4 aus Preußisch Polen eingewanderte Familien evangelischer Konfession erhielten in der nächsten Umgebung Ansiedelungsplätze und Wirtschaftsland, weil Seine Exzellenz, Herr Wirklicher Staatsrat Kontenius, damaliger Oberrichter des Jekaterinoslawschen Vormundschaftskontors Prischib für die etwa zu errichtende allgemeine Hauptschäferei bestimmt hatte. Handwerkern, die kein Land beanspruchten, war einstweilen erlaubt, sich hier niederzulassen, was aber aus Mangel an Arbeit wenige sich zu nutze machen konnten. Auch wurde auf der Stelle des heutigen Pastoratsgebäudes ein geräumiges Bethaus für den ganzen Bezirk aus Bindwerk errichtet.
Nach der zweiten Einwanderung im Jahre 1810 wurde durch gepflogene Ratssitzung des Herrn Kontenius mit den Herren Inspektor Sieber, Feldmesser Hausteck und Gebietsvorsteher Walther der Beschluß gefaßt, die allgemeine Schäferei im rechten Winkel westlichen und nördlichen Grenze des Bezirks an dem Steppenfluß Popowaja Balka unweit der damals neu zu gründenden Kolonie Grüntal, zu errichten, Prischib zu einer stärkeren Kolonie zu erheben, dieselbe auch in der Zukunft, weil am passendsten gelegen, als Hauptort zu bestimmen und ihr den Namen Molotschna beizulegen.
Infolge dieses Beschlusses haben sich unter Anführung des Schulzen Georg Fritz noch 11 evangelische und 30 römisch-katholische Familien in Prischib niedergelassen, die teils aus der Umgebung der württembergischen Residenz Stuttgart und der badischen Gegend bei Karlsruh und Mannheim stammten.