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Brief vom 6. November a. St. 1876 (?) - Hoffenthal

Lieber Bruder Louis
Deinen Brief vom 13. März nebst Taufschein und Photographie habe ich richtig erhalten und denselben unterm 24. Juli mit Beisendung einer Photographie meines Sohnes Otto beantwortet. Ich benachrichtigte Dich in diesem Briefe, dass mir durch das Konsulat eröffnet wurde, dass ich dort mit 6 Mark jährlicher Klassensteuer belastet worden sei und bat Dich, Erkundigungen einzuziehen, ob jeder im Ausland lebender Meininger dieser Steuer unterworfen sei (denn keiner der vielen hier lebenden Ausländer anderer deutschen Länder zahlt Steuer dorthin) und bat Dich im Falle, dass das dortige Landesgesetz es erheische, die treffenden 6 Mark für das Jahr 1876 für mich auszulegen und mich zu benachrichtigen,ob dort russisches Papiergeld angenommen wird, um Dir Deine Auslagen zurück zu ersetzen. Da ich aber bis dato keine Nachricht von Dir erhalten und mir dieser Tage, als ich in Berdjansk war, vom Konsul eröffnet wurde, dass die Meining'sche Staatsregierung sich die Hilfe des Konsulats zur Erlangung dieser 6 Mark erbeten habe, muss ich annehmen, dass Du meinen Brief vom 24. Juli dieses Jahres gar nicht erhalten hast ich habe mich nun hier erkundigt und erfahren, dass man dort russisches Papiergeld, wenigstens in den größeren deutschen Städten annimmt, und so übersende ich Dir hier 5 Rubel und bitte Dich, damit die besagte Steuer für dieses und das nächste Jahr für mich zu bezahlen und mir recht bald darüber Nachricht geben zu wollen.
Gesund sind wir noch alle, aber auch Geschäftslosigkeit und Geldmangel ist hier noch beim alten; vielleicht ändert sich's, wenn die orientalischen Wirren einmal beseitigt sein werden. Wie es scheint, wird der Tag bald losgehen. Wie geht es bei Euch? Ist der Bruder Karl noch gesund? Er soll mir doch auch wieder einmal schreiben. Den nächsten Brief werde ich an ihn adressieren; auch an Bernhard werde ich in Kürze einmal schreiben. Ich habe, solange er in Breslau ist, unverzeihlicher Weise noch nicht an ihn geschrieben.
Schreibt mir nur bald und recht viel Neues, grüßt alle meine Geschwister und deren Angehörigen, sowie alle Freunde und Bekannten von mir und den Meinigen vielmals und unter besonders herzlichen Grüßen an Dich, Deine Frau und den Bruder Karl verbleibe ich Euer Euch liebender Bruder
Franz Huth
Schreibe mir doch, ob Du meinen Brief vorn 24. Juli erhalten hast oder nicht, besorge doch auch recht bald die 12 Mark Steuer an das Steueramt.
Der Obige